Vor mittlerweile zwei Jahren entstand bei uns im EO Institut das Konzept der Performance-Health-Balance: Der Gedanke dabei ist eine Balance von Leistungsmenge und körperlicher und mentaler Beanspruchung. Hintergrund ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem oft zitierten Thema „Work-Life-Balance“. Aus unserer Sicht wird dieses Thema oft verkürzt diskutiert, da es rein quantitativ um Zeit geht, nämlich dem Verhältnis von Arbeitszeit und Freizeit. Für Personen, bei denen hohe Verantwortung unmittelbar an die eigene Person geknüpft ist, ist Teilzeit beispielsweise keine Lösung zum Erhalt der eigenen Balance. Deshalb sind wir der Auffassung, dass es stärker um eine qualitative Optimierung im Sinne eines ausgewogenen Verhältnisses von Leistungsumfang und körperlicher und mentaler Beanspruchung gehen sollte, der Performance-Health-Balance.
Gerade für Personen, die sich stark mit ihrer Tätigkeit identifizieren, kann eher die „angeordnete Freizeit“ als das mit angemessener Mehrarbeit erfolgreich abgeschlossene Projekt zur Belastung werden. Stress entsteht dann eher dann, wenn die Personen davon abgehalten werden, das jeweilige Projekt zu beenden.
Damit stellte sich uns die Frage, unter welchen Umständen Menschen mit hohem Identifikationsgrad oder hoher Verantwortung tatsächlich Stress erleben.
Um dieser Frage praktisch nachzugehen, starteten meine Kollegin und ich vor einiger Zeit einen kleinen Selbstversuch. Ausgerüstet mit einem Armband, das kontinuierlich die Herzfrequenz und die Herzratenvariabilität, einen Indikator für Stress, aufzeichnet, dokumentierten wir über mehrere Wochen, in welchen Situationen tatsächlich nachweislich Stress vorlag. Das verblüffende Ergebnis: Trotz unserer privat wie beruflich vollen Terminkalender (wir sind beide Unternehmer und haben Familien) und zwischenzeitlichen Phasen, in denen wir uns selbst als „gestresst“ bezeichnet hätten, deuteten die Werte nur zweimal innerhalb von acht Wochen auf Stress hin. In beiden Fällen handelte es sich um Situationen, für die wir in der späteren Reflexion feststellen mussten, dass der erlebte Stress unnötig und selbstgemacht war. Um was für Situationen handelte es sich? Einmal war es mein weinender dreijähriger Sohn bei gleichzeitigem Termindruck. Ein anderes Mal war es eine sehr plötzliche Planänderung eines Kunden, die aber mit zwei Telefonaten recht unproblematisch geregelt werden konnte.
Wie gesagt, letztlich unnötiger Stress, beide Situationen waren im Nachhinein betrachtet unkritisch. Dass sich bei uns auch in vielen Situationen, die wir subjektiv als stressig erlebten, objektiv kein Stress messen ließ, hängt vermutlich auch mit unserer Einstellung zu unserem Job und unserer sonstigen Lebensführung zusammen: Wir identifizieren uns sehr stark mit unserer Tätigkeit. Wir sind frei in unseren Entscheidungen. Und Gesundheit, Ernährung, Bewegung und mentales Wohlbefinden sind uns auch persönlich in unserer Lebensgestaltung wichtig.
Der Selbstversuch zeigt: Eine gesunde Lebensführung stellt die Basis für einen gesunden Umgang mit Stress dar. Den Ausschlag für das Stresserleben geben dann die verfügbaren Ressourcen, der Handlungs- und Entscheidungsspielraum sowie persönliche Maßstäbe und Bewertungsmuster. Alles Einflussfaktoren, die sich entwickeln lassen!
Aufbauend auf den Erkenntnissen des Selbstversuchs, unserer Erfahrung aus der Arbeit mit einer ganzen Reihe von Führungskräften, sowie der zu diesem Thema vorliegenden Forschung entwickeln wir daher aktuell ein spezielles Führungskräftetraining. Dieses Training wird ab dem nächsten Frühjahr zur Verfügung stehen. In Kleingruppen werden Führungskräfte darin dabei unterstützt, für sich selbst den individuell passenden Mix aus physischer und psychischer Gesundheit auf- und auszubauen.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Wie gehen Sie oder Ihr Unternehmen mit Stress um? Oder wollen Sie als Führungskraft im nächsten Jahr das Performance-Health-Training absolvieren? Schreiben Sie uns!
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